Bei einem Kommunikationstechnik kommt mir als erstes in den Sinn, dass es um’s Sprechen geht. Tut es auch. Aber nur zum Teil. Denn wenn der eine spricht, kann er, rein akustisch, nur gehört werden, wenn der andere still ist und zuhört. In der Gewaltfreie Kommunikation kommt dem Zuhören eine besondere Rolle zu. Es ist eines der wertvollsten Möglichkeiten, um Empathie zu schenken. Daher sprechen wir vom „empathischen Zuhören“. Es ist als einfühlendes Verstehen gemeint – nicht nur der Worte, sondern auch der Gefühle und Bedürfnisse, die hinter dem Gesagten stehen.
Einem Kind, das schreit „Du bist gemein!“, dem tut es gut, wenn jemanden wahrnimmt: „Da ist gerade Wut – vielleicht, weil ein Bedürfnis nach Fairness oder gesehen werden unerfüllt ist?“. Eine Belehrung oder Abwertung würden sein Unwohlsein nur verstärken.
Das empathische Zuhören ist kein passiver Akt. Es ist kein darauf warten, dass man selbst an der Reihe ist zu sprechen, wobei man innerlich schon Antworten formuliert. Es ist eine bewusste Entscheidung, präsent zu sein, sich innerlich leer zu machen und dem Gegenüber Raum zu geben.
Einfühlsames Zuhören stärkt die Beziehung
Kinder (und auch Kolleg*innen) spüren sehr genau, ob wir ihnen wirklich zuhören oder nur „physisch anwesend“ sind. Wenn sie erleben, dass ihre Gefühle und Bedürfnisse gesehen werden entsteht Vertrauen. Vertrauen ist die Grundlage für eine sicher Bindung und weiter für funktionale Zusammenarbeit, für Lernen, für Entwicklung.
Wer gehört wird, muss nicht laut werden.
Kinder (und auch Erwachsene) werden oft dann laut, wenn sie denken, nicht gehört oder verstanden zu werden. Lautstärke ist dann kein Zeichen von „Unartigkeit“, sondern Ausdruck eines unerfüllten Bedürfnisses.
Wenn ein Kind wütend ruft: „Du verstehst mich nie!“, steckt dahinter vielleicht ein Bedürfnis nach Verbindung, Gerechtigkeit oder einfach nach Verständnis.
Hören wir das, kann es leiser werden – weil es spürt: Da ist jemand, der mich meint. Der sich für mich interessiert. Der mich nicht verändern will, sondern mich sehen möchte – und die Situation entspannt sich.
Zuhören verändert auch uns selbst
Wenn wir lernen, wirklich zuzuhören, verändert sich nicht nur die Beziehung zu anderen – sondern auch die zu uns selbst. Wir entwickeln mehr Empathie, Geduld und Achtsamkeit.
So spüren wir schneller, wann wir selbst an unsere Grenzen kommen und können dies authentisch, klar und auf verbindende Weise kommunizieren.
Ein Beispiel:
Statt „Jetzt reicht’s, hör auf zu schreien!“ könnte es heißen:
„Ich merke, ich werde unruhig. Ich möchte dich verstehen, aber ich brauche etwas mehr Ruhe, um dir gut zuhören zu können.“
Schritt für Schritt.
Wie immer gilt auch hier: „Alles, was es wert ist, getan zu werden, ist es auch wert, unvollständig getan zu werden.“ (M. Rosenberg)
So kannst du auch mit nur einen Moment des bewussten Zuhörens – vielleicht beim Wickeln, Schuhe anziehen oder im Tür-und-Angel-Gespräch einen Beitrag zu mehr Verbundenheit leisten.
Impulse für den pädagogischen Alltag
🌱 Höre heute einmal nur zu, ohne sofort zu reagieren. Wirklich nur zuhören. Vielleicht ein Nicken. Vielleicht ein „Magst du mehr erzählen?“. Mehr braucht es nicht – das ist genug!
🌱 Übe, Bedürfnisse zu hören, auch wenn sie nicht klar ausgesprochen werden. Frage dich: welches Bedürfnis versucht sich das Kind mit dem Verhalten zu erfüllen?
🌱 Höre auch dir selbst zu. Was brauchst du, um gut zuhören zu können? Ruhe? Ausreichend geistige und emotionale Ressourcen? Raum?
Fazit: Zuhören ist Beziehung in Aktion
In der Gewaltfreien Kommunikation ist Zuhören kein passives Abwarten sondern ein aktiver Akt der Empathie und Verbindung. So schenkst du Kindern und Kolleg*innen das Gefühl: Ich bin wichtig. Ich werde gesehen.